Der Empfang ist für jeden Gast da.
Hin und wieder finden in Unternehmen Abschlussprüfungen der IHK statt. Das ist immer sehr interessant, da man das als Mitarbeiterin am Empfang sozusagen hautnah miterlebt.
Zunächst erscheinen die Prüfer. Man kennt sich meistens schon aus den vergangenen Jahren, dadurch ist die Begrüßung zwischen Empfangsteam und Prüfern sehr nett. Auch die Räumlichkeiten sind bekannt, so kann sich der Prüfungsausschuss vor dem Erscheinen der Prüflinge ohne große Umstände vorbereiten.
Nach und nach kommen die jungen Damen und Herren an – meistens jede Stunde einer – die dann einzeln geprüft werden. Schon beim Hereinkommen sieht man ihnen oft an, wie hoch der Stressfaktor ist. Wenn die Nervosität spürbar ist versuche ich, durch ein aufmunterndes Lächeln, schon mal ein bisschen beruhigend einzuwirken.
Vor ein paar Jahren war mal ein junger Mann da, der ziemlich angespannt wirkte. Nach ca. 15 Minuten Wartezeit begann er unruhig auf und ab zu gehen. Sein Gesicht war blass, er rieb sich die Hände und fragte schließlich: „Entschuldigung, hätten Sie vielleicht etwas zu trinken für mich? Ich bin gerade total aufgeregt.“ Ich brachte ihm ein Glas Wasser und ein Stück Traubenzucker, das ich immer für Notfälle in meiner Schreibtischschublade habe. Ich sagte: „Versuchen Sie, sich ein bisschen zu entspannen. Nehmen Sie den Traubenzucker, der fördert die Konzentration. Das hat mir in Prüfungssituationen auch immer gut geholfen.“ Er lächelte mich dankbar an, und ich redete weiter auf ihn ein: „Sehen Sie, was soll Ihnen passieren. Sie haben doch fleißig gelernt. Ein bisschen Aufregung schadet auch gar nichts. Im Gegenteil, dadurch erhöht sich sogar die Konzentration. Sie werden sehen, hat die Prüfung erstmal angefangen, werden Sie ganz ruhig sein und die Fragen locker beantworten.“ Ich hatte den Eindruck, dass er sich tatsächlich ein bisschen entspannte.
Ein paar Minuten später wurde er zur Prüfung aufgerufen; ich drückte ihm die Daumen. Als alles vorbei war kam er wieder zu mir, um sein Besucherschild abzugeben. Auf seinem Gesicht lag ein erleichtertes Lächeln. Da traute ich mich zu fragen, wie es gelaufen sei. „Bestanden!“ sagte er strahlend. Ich gratulierte, wünschte ihm alles Gute und freute mich mit ihm.